Wenn man von Startups in der Presse liest, geht es meist darum, wie viel Geld sie von großen Investoren bekommen haben. Auch durch die Sendung „Die Höhle der Löwen“ wurde das Thema, die letzten Jahren stark gehypt. In der Corona-Zeit steckt nun leider die Startup-Szene in der Krise. Investoren sind verunsichert und investieren weniger. Viele Gute Startups und das Netzwerk drumherum sind gefährdet. Wie kannst du nun für deine Gründung wichtige Rückschlüsse ziehen? Hier berichte ich dir über meine ganz persönliche Erfahrung mit Investorensuche und Bootstrapping.
Ich habe selbst beide Seiten kennengelernt – die Zusammenarbeit mit einem Investor/-in und den Aufbau des eigenen Startups nur mit Eigenfinanzierung. Es waren manchmal verrückte Zeiten. Welche Erfahrungen ich gemacht habe und was ich daraus gelernt habe, habe ich für dich zusammen gestellt.
Erste Investoren finden
Als ich Mami Poppins gegründet habe, kaufte ich zuerst ein paar Kinderwagen und ließ eine einfache Website bauen. So konnte ich erst mal für mich die Idee testen. Nach kurzer Zeit war es klar, sie findet Anklang, also brauchte ich Kapital für noch mehr Kinderwagen. Als Erste investierte meine Familie in der Geschäftsidee, der Kinderwagen-Vermietung. Das ist normalerweise der erste Investor, der in deinem Startup einsteigen sollte – Family, Fools and Friends (FFF). Vertraut dir deine Familie oder deine Freunde ihr Kapital nicht an, wird dies auch kein externer Investor tun.
Ein Jahr nach der Gründung kam eine Kundin auf mich zu. Sie bat mir an, in mein Unternehmen zu investieren. Dafür wollte sie Anteile erwerben. Ihr Investment sollte aus zwei Komponenten bestehen: Aus ihrem persönlichen Einsatz und aus dem Kapital, das sie investiert. Wir haben einen Vertrag abgeschlossen, der durch einen Rechtsanwalt formuliert wurde. Sie war meine zweite Investorin.
Investoren zu finden ist grundsätzlich ein arbeitsintensiver Weg, der auch nicht immer erfolgreich sein muss. Solltest du auf der Suche nach Investoren sein, gibt es mehrere Wege sie zu finden. Du könntest diverse Plattformen besuchen, dich online bewerben bei den Investoren bewerben oder persönliche Kontakte nutzen. Hier zähle ich dir einige online und offline Plattformen auf, die mir bekannt sind. Je nach Bundesland gibt es sogar noch mehr davon, daher schau auch bei dir regional, was du im Netz findest. Hier sind einige Plattformen, die ich kenne:
- Business Angel Netzwerk (deutschlandweit)
- Business Angel Stammtische (deutschlandweit)
- regionale Startup-Messen und Venture Events
- Pitchparties (deutschlandweit)
- Innovation Day (eine Veranstaltung mit Preisgeldern)
- Rheinland-Pitch (Deutschlands größtes Startup-Pitch-Event).
Es gibt noch viel mehr Plattformen, z. B. auch spezielle Events, die Preisgelder für dein Marketing ausschreiben, statt einen Investor zu liefern. Ein solches Event ist z. B. der Innovation Day oder Seven Ventures Pitch Day. Ich erwähne sie an dieser Stelle, weil sie auch eine Form vom Investment sind und sie vielleicht für dich hilfreich sein könnten.
Investoren und New Economy
Wie bereits oben erwähnt, Startup-Messen sind auch super, um nach Investoren Ausschau zu halten und dich mit anderen Startups zu vernetzen. Ich muss zugeben, ich habe damals auf meiner ersten Startup-Messe, aus reiner Neugierde teilgenommen. Als 40-jährige Gründerin war ich schon etwas „alt“ für die Startup-Landschaft, die auch ein komplettes Neuland für mich war.
Als ich schwanger wurde, ging ich mit der Old Economy in die Elternzeit. Nach 1,5 Jahren Elternzeit streckte ich meine Füller mit Mami Poppins in der New Economy aus. Zu New Economy gehören junge, wachstumsorientierte Unternehmen aus Zukunftsbranchen, die neue Formen des Marktverhaltens aufgreifen und daraus neue Geschäftsmodelle entwickeln. Da Mami Poppins Vermietung sich in einem Bereich der Sharing Economy bewegt, ordnete ich mein Startup ebenfalls zur New Economy ein. Also wurde mir schnell klar, dass ich mich schnell in der Startup-Szene vernetzen sollte. Das geht am besten auf einer Messe, wo sich viele Startups tummeln. Daher war für mich die Teilnahme an der Startup Messe StartupCon in Köln ein Muss.
Fast am Ende des Messetages wurde ich von Repräsentanten eines hochkarätigen Investoren-Kreises an meinem Stand besucht. Ich pitchte ihnen meine Geschäftsidee und daraufhin wurde ich eingeladen, mich für einen richtigen Pitch bei ihnen zu bewerben.
Investoren können gerade beim Vermarkten einer Idee ein starker Multiplikator sein. Und obwohl ich mich innerlich noch nicht für oder gegen einen Investor entschieden hatte, folgte ich nun den Bewerbungsprozess, der ein guter Lehrer war. Dort lernte ich wie man einen Pitch aufbaut, worauf Investoren achten und wie meine Prozesse aussehen müssen, um zu wachsen.
Der Bewerbungsprozess
Das, was für Banken der Businessplan ist, ist für Investoren der Pitchdeck. Ein Pitchdeck ist eine kompakte und aussagefähige Präsentation für Investoren auf 12-15 Folien. So können sie unter der großen Zahl an Bewerbungen schnell für sich die passende Geschäftsidee identifizieren.
Die Vorbereitung von einem Pitchdeck sollte sehr gut sein. Denn mit deinem Pitch hast du nur eine Chance, bei dem jeweiligen Investor. Hinzu gibt es grundsätzlich viel weniger Investoren in Deutschland als z. B. in den USA. Daher ist ein schlecht vorbereiteter Pitch das Schlimmste, was du machen kannst. Das kann sich schnell in dem überschaulichen Investoren-Netzwerk in Deutschland herumsprechen. Ein Investor wird sich einen Pitch, von dem selben Startup, nicht zweimal anhören.
Bei meinem Bewerbungsprozess sollte ich zunächst ein kurzes Bewerbungsvideo senden sowie ein DIN A4 Pitch schriftlich vorlegen. Dabei ging es Vordergründig um die Story hinter meiner Geschäftsidee. In diesem Fall war Storytelling, das sich für manch einer banal anhören könnte, so wichtig. Ich hatte für diesen Investorenkreis nur diese eine Chance und ich musste sie komplett ausschöpfen. Daher ließ ich mich von einer ehemaligen Journalistin beraten, die genau wusste, worauf es bei einer guten Story ankommt.
Es folgte eine erste Vorauswahl. Irgendwann standen die wenigen Teams fest, die in einem Pitch-Wettbewerb teilnehmen durften. Ich war dabei! Meine Freude und die Aufregung stiegen ins Unermessliche. Ich wusste, dass es jetzt ans Wesentliche geht – die Vorbereitung meines Pitchdecks.
Hier ließ ich mich von einem Startup-Berater vorbereiten. Von ihm wurde ich hinsichtlich der Investmentsumme und meines Pitchdecks beraten. Daher hier auch mein Rat: Die Höhe der Investitionssumme solltest du sehr genau überlegen und nicht zu niedrig festlegen. Solange die Anteile und dein geschätzter Unternehmenswert stimmig sind, solltest du lieber mehr als weniger abrufen. Dies hat folgende Vorteile für dich als Startup:
- Du ziehst automatisch die richtige Größe an Investoren an
- eine höhere Investmentsumme gibt dir Zeit für die nächste Finanzierungsrunde
- so hast du auch etwas Zeit für die Weiterentwicklung deiner Geschäftsidee.
Startups leben oft von der nächsten Finanzierungsrunde. Die Vorbereitungen dafür und das Anwerben weiterer Investoren kann sich über Monate bis zu mehreren Jahren hinziehen. Gleichzeitig musst du deine bestehenden Investoren im Blick haben und Leistung erbringen. So kann der eigentliche Unternehmenszweck schon mal leicht aus dem Blickfeld geraten und dein Business in Gefahr bringen. Daher ist mehr abrufen besser als weniger.
Vorbereitung eines Pitchdecks
Hier beschreibe ich dir welche Arbeit und Erfahrungen ich beim Pitchen vor Investoren gemacht habe. Natürlich ist jedes Investoren-Team anders und somit kann der Prozess variieren. Doch dein Pitchdeck sollte dennoch die wesentlichen Bestandteile beinhalten.
Für die Vorbereitung meines Pitches musste ich leider eine Kurzreise nach Mallorca mit meinem Mann zum Teil „opfern“. Wir hatten die Reise schon gebucht und mussten nun daraus einen Arbeits-Kurzurlaub machen. Mein Mann war natürlich nicht gerade glücklich darüber, aber als Ex-McKinsey und außerordentlich guter Analyst ist er bei Zahlen immer mein bester Ansprechpartner.
Solltest du ein Pitchdeck vorbereiten müssen, dann sollte er diese Punkte beinhalten:
- Welches Problem löst deine Idee – deine Story?
- Wie und warum funktioniert die Lösung?
- Welche Vorteile und welchen Mehrwert bietet deine Idee?
- Wie groß ist das Marktpotenzial?
- Wie sieht dein Geschäftsmodell aus? (wie verdienst du und der Investor Geld?)
- Was wurde schon umgesetzt und wo benötigst du noch Unterstützung?
- Wie hoch ist die Investmentsumme, die du benötigst?
- Wer bist duund wer ist dein Team?
Endlich kam der Tag, an dem ich pitchen durfte. Ich hatte vor Aufregung die Nacht kaum geschlafen. Im Kopf ging ich immer wieder die Zahlen durch, die Argumente für ein Investment und meine Story durch. Ich packte mein Auto mit den Kinderwagen, die ich dort präsentieren wollte und fuhr los. Es war der 1. April – ich dachte mir „hoffentlich wird das kein Aprilscherz werden“. Wurde es zum Glück nicht.
Mein Pitch sollte am Nachmittag stattfinden. Ich saß im Warteraum, zusammen mit ein paar anderen Startups und dann war ich irgendwann dran. Ich war so aufgeregt, mein erster offizieller Pitch vor echten Investoren, wow!
Ich ging rein und pitchte meine Story. Über eine Stunde war ich im Gespräch mit den Investoren und beantwortete ihre Fragen. Für mich verflog die Zeit sehr schnell. Am Ende kam ich ohne einen Investor wieder raus, zum Glück sage ich heute! Doch an dem Tag war ich am Boden zerstört. Ich wusste, es ist nichts persönliches, sondern Business. Obwohl ich alles gegeben habe, war dort in diesem Kreis kein passender Investor für mich. Dennoch habe ich aus dem Gespräch mit den Investoren viel gelernt und das möchte ich weiter im Blogbeitrag präsentieren.
Aus Investoren-Feedbacks lernen
Am Tag nach meinem Pitch, vor den Investoren, hatte ich ein Kundenevent am Düsseldorfer Flughafen. Kurz vor dem Pitch-Event hatte ich einen neuen Slogan für mich erarbeitet: „Babyausstattung mieten, testen, kaufen„. Diese Botschaft stand nun beim großen Kundenevent auf meinem neuen Rollup. Das positive Feedback zu meiner Geschäftsidee, der dort kennengelernten Besucher und Familien, war überwältigend. Ich wurde so schnell bestärkt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Seit diesem Tag habe ich diesen Slogan auf meiner Website markant platziert. Genau dieser Satz hat mich während der Corona-Krise auch ein Stück weit gerettet. Denn die „Langzeit-Vermietung“ oder die „Vermietung von Kinderwagen nur für die Reise“ war für Familien im März 2020 von heute auf morgen nicht relevant.
Rückblickend kann ich sagen, es war mein Glück, dass ich an diesem Investoren-Wettbewerb teilnehmen konnte. Dort hat mir einer der Investoren indirekt den Hinweis gegeben mein Geschäftsmodell weiter zu entwickeln. Und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Er fragte mich, warum ich beides anbiete, Langzeit- und Kurzzeit-Vermietung? Diese Frage war sehr wertvoll für mich. Danach konzentrierte ich mich auf das Modell, der Kurzzeit-Vermietung.
Heute kann ich sagen, dass ich glücklich bin mein Unternehmen allein, ohne Investoren zu führen. Ich bootstrappe nun sehr bewusst und bin so glücklich.
Meine Learnings
Gerne fasse ich hier noch mal konkret für dich welche Learnings ich bisher mit der Investorensuche hatte, die mich weiter gebracht haben. Gleichzeitig möchte ich dich bestärken auch dir zu erlauben Dinge auszuprobieren und so aus Fehlern zu lernen. Hier sind meine Learnings aus der Investorensuche:
- Nicht jedes Startup benötigt einen Investor.
- Kläre für dich selbst, ob du jemand mit dabei haben möchtest, der dir im Business mit reinredet und deine Zahlen immer sehen will.
- Bei Investments solltest du deine Emotionen so weit wie möglich weglassen. Investoren sind keine Freunde von dir, sie schmeicheln nicht einem. Sie sind knallharte Geschäftsleute, die ihr Geld in einem Business investieren wollen, um es zu vermehren. Aber sie investieren in deiner Person und das Team.
- Investorenverträge können ganz unterschiedlich gestaltet und formuliert werden. Unterschreibe nichts zu schnell und lasse alles prüfen. Ich hatte einen ganz individuellen Vertrag mit meiner Anteilseignerin gehabt.
- Lasse jeden Vertrag von einem Rechtsanwalt prüfen oder formulieren.
- Scheue nicht Beratungskosten. Eine gute Vorbereitung ist enorm wichtig für deine persönliche Zukunft. Es ist ein klug investiertes Geld, das dich vor rechtlichen Fallen schützt oder deinen Pitch aufpoliert.
- Dein Pitchdeck muss begeistern und eine geniale Story erzählen. Lass dich hier gut vorbereiten, denn du hast nur eine Chance pro Investor.
- Wähle gut aus, wer dir Feedback geben darf. Investoren wissen trotz viel Erfahrung nicht alles besser als du. Nur du selbst kennst dein Business am besten.
- Sei auf Augenhöhe mit dem Investor, denn du bringst die geniale Idee, er bringt das Geld. Ihr seid gleichberechtigte Partner.
- Kundenfeedback solltest du mit Kusshand annehmen, denn es ist kostenlos und Kunden zahlen am Ende deine Brötchen.
Niemand kann dir voraussagen, ob du einen Investor benötigst oder nicht. Den Weg musst du schon selbst gehen. Heute behaupte ich, dass jemand, der im Handel tätig ist, nicht unbedingt einen Investor benötigt. Aber das ist meine ganz persönliche Meinung.
Seitdem ich wieder den Bootstrapping-Ansatz für mich verfolge, geht es mir persönlich besser. Die Entwicklung meines Unternehmens erfolgt nicht schubweise, wie nach einer Finanzierungsrunde, sondern stetig.
Was ich dir also hier gerne aus Erfahrung sagen möchte ist, dass eine Geschäftsidee, die von heute auf morgen groß wird nicht gibt. Dahinter steckt eine Menge Arbeit. Auch mit einem Investor bleibt dir diese Arbeit nicht erspart. Du musst bereit sein Pitchwettbewerbe und Finanzierungsrunden zu machen, Dinge die vielleicht nichts mit deiner eigentlichen Geschäftsidee zu tun haben.
Natürlich gibt es gewisse Geschäftsmodelle, wie z.B. hochtechnische Produkte, Forschungsprojekte in denen Patente nötig sind und Marktanteile schnell gewonnen werden müssen, die nur, mit viel Geld, entwickelt werden können. Wenn du dich für eine Investorensuche entscheidest, dann musst du bereit viel Arbeit reinzustecken und Geduld zu haben. Du musst bereit sein externe Geldgeber Rechenschaft abzulegen und Entscheidungen mit mehreren treffen zu müssen. Für welchen Weg du dich auch entscheidest, eins ist wichtig, gib immer dein Bestes dabei. Ich freue mich, wenn du mir in den Kommentaren dein Feedback hinterlässt. Hast du bereits auch Erfahrung mit Investoren gehabt und was waren deine Learnings?